Franzi B. Janke attended LFEO during a customer consultance meeting at the largest independent insurance broker and risk consultant in Germany.
Der Konferenzraum der Firma internationaler Versicherungsmakler ist um 10 Uhr mit etwa fünfzehn Kundenberatern und Beraterinnen gut gefüllt. Die meisten sitzen um einen ovalen Tisch, ein paar auf Stühlen in zweiter Reihe. Die deutsche Performerin der Lecture For Every One steht an einem Ende des Tisches. Da sitzen erwachsene Menschen mit einem Job bei dem es bestimmt oft um große Summen Geld geht, ernsthafte Arbeit also, und doch hat man bei diesem Überraschungsmoment das gleiche Gefühl wie früher in der Schule. Wenn irgend etwas anderes, neues ausprobiert wurde. Plötzlich ist keiner mehr sicher in seiner vertrauten Rolle, die er in diesem System eingenommen hat. Es besteht die Gefahr dass eine andere Seite von einem selbst angesprochen wird, zum Vorschein kommt. Besonders am Anfang der Lesung ist die Verunsicherung der meisten präsent: es wird gekichert, es werden ironische Kommentare und Witze gemacht. Immer mit einem Seitenblick auf den Nebenmann oder die Nebenfrau. Mit der Zeit fangen sich die Leute wieder, es kehrt Ruhe ein. Die meisten hören scheinbar konzentriert zu, es lässt sich nicht wirklich etwas aus den Gesichtern ablesen, sie haben ihre Fassung wiedergefunden. Manchen sieht man aber immer noch ihr Unbehagen an, beinahe eine leichte Angst. Sie versuchen sich durch die Beschäftigung mit ihrem Handy oder leicht entnervtes Schnaufen aus der Situation zu befreien. Ich bin so damit beschäftigt, die Reaktion der Leute zu beobachten, zu versuchen ihre Gedanken zu erahnen, eine Haltung zu erkennen zu dem, was eben passiert, dass ich mich selbst von dem Text gar nicht angesprochen fühle. Ich fühle mich eher auch als Teil dieses Anderen, Fremden im Raum, gehöre zu denen, die sich eingeschlichen haben. Ganz anders ist es am nächsten Abend bei der öffentlichen Lesung des Textes von Sarah Vanhee. Plötzlich ist der Text auch an mich gerichtet.